Interview
mit Herrn Dr. Sebastian Muschelknautz, Linde AG
CSE:
Herr Muschelknautz, Sie waren 2004 mit anderen Kollegen im Vorstand der Dechema Fachsektion Sicherheitstechnik Initiator für ein Positionspapier zum Kompetenzerhalt in der Prozess- und Anlagensicherheit. Was war damals – im Jahr 2004 – der Anlass dafür?
Dr. Muschelknautz:
Damals wurde der Nachwuchs im Bereich Sicherheitstechnik deutlich weniger, viele Institute wurden finanziell nicht mehr gefördert. Der Forschungsausschuss der Dechema sah Handlungsbedarf. Es sollte eine Gegenbewegung geben, deshalb auch das Positionspapier.
CSE:
Was waren die Kerninhalte des Positionspapiers?
Dr. Muschelknautz:
Vor allem sollten Ausbildungsdefizite aufgezeigt und möglichst beseitigt werden. Es sollten aber auch Schwerpunktthemen für die sicherheitstechnische Forschung formuliert und nach Priorität bewertet werden. Darüber hinaus war es ein Anliegen des Forschungsausschusses Sicherheit von Chemieanlagen dazu beizutragen, vorhandenes Wissen, Erfahrungen und neue Erkenntnisse zur Sicherheitstechnik – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen verfügbar und verständlich zu machen.
CSE:
Dies sind jetzt die Kernpunkte des Center of Safety Excellence. Damit könnte das Positionspapier nach 10 Jahren in wesentlichen Kernpunkten umgesetzt werden.
Dr. Muschelknautz:
Ja, das sehe ich auch so. Und es freut mich, dass sich nach dieser Zeit doch eine gute Lösung abzeichnet.
CSE:
Wen wollte der Forschungsausschuss mit dieser Initiative damals ansprechen?
Dr. Muschelknautz:
Geplant war ein Kompetenzverbund aus Planern und Betreibern von Chemieanlagen, Vertretern von Forschungsinstituten sowie Vertretern aus Behörden des Bundes und der Länder.
CSE:
Warum ist es damals nicht gelungen, diesen Kompetenzverbund mit allen Beteiligten zu erreichen?
Dr. Muschelknautz:
Die Sicherheit von Anlagen in der chemischen und petrochemischen Industrie war damals sehr hoch und ist bis heute sicher nochmals verbessert worden. In diesem Umfeld ist es nicht einfach zu vermitteln, dass Prozess- und Anlagensicherheit ein immer währendes Thema ist. Wir müssen uns kontinuierlich anstrengen, um das Wissen und die Kompetenzen für diesen hohen Sicherheitsstandard zu halten bzw. in einzelnen Bereichen weiter zu erhöhen.
CSE:
Forschung in der Prozess- und Anlagensicherheit ist also deshalb schon notwendig, um gut ausgebildeten Nachwuchs von den Hochschulen in die Industrie zu bekommen?
Dr. Muschelknautz:
Ja, das stimmt.
CSE:
Welche Bedeutung messen Sie dem neuen Center of Safety Excellence zu?
Dr. Muschelknautz:
Zunächst einmal freut es mich, dass es jetzt auch in Europa ein Zentrum gibt mit dem Schwerpunkt Nachwuchsförderung in der Prozess- und Anlagensicherheit. Das CSE muss sich in den nächsten Jahren in einem gemeinsamen Verbund zwischen Industrie, Hochschule und Behörde als unabhängiges Institut etablieren. Es gibt ein großes Potential von jungen Studenten durch die Nähe zu den Hochschulen und Universitäten Karlsruhe, Kaiserslautern, Mannheim, Stuttgart und auch München. An attraktiven Themen wird es nicht mangeln. Genau in der anwendungsbezogenen, interdisziplinären Forschung in der Prozess- und Anlagensicherheit sehe ich die Chance für das Institut. Dies geht sicher nur mit einem angemessenen Engagement aus der Industrie und mit der öffentlichen Hand.
CSE:
Was wünschen Sie dem CSE für die Zukunft?
Dr. Muschelknautz:
Neugierige Studenten, interessante Forschungsthemen und den Rückenwind aus der Prozessindustrie.
CSE:
Vielen Dank Herr Dr. Muschelknautz für das Interview.